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Interview mit DDr. Thomas Ratka

Privatstiftung wirklich nur Steuersparinstrument für „Superreiche“?

Interview mit DDr. Thomas Ratka, LL.M.

DDr. Thomas Ratka ist Universitätsassistent am Institut für Handels- und Wirtschaftsrecht der Universität Wien und Experte im Bereich des Internationalen Gesellschafts- und Steuerrechts. Im Gespräch mit Onlineblatt.at erklärt er was eine Privatstiftung ist und wofür diese in der Praxis eingesetzt wird.

"Man glaubt immer, dass Privatstiftungen ausschließlich zu Steuerzwecken gegründet werden - deswegen wird die Privatstiftung politisch – zum Teil zu Recht - derzeit stark angegriffen – man denke nur an den Vergleich des deutschen Finanzministers, dass Österreich ein Steuerparadies wie Ouagadougou sei. Aber ein Motiv, diese Rechtsform zu wählen, ist auch die Erhaltung von Vermögenswerten nach dem Tod, was ohne Privatstiftung oftmals nicht möglich wäre. Die Möglichkeit, eine noch dazu steuerprivilegierte Stiftung auch zu Privatzwecken einsetzen zu können, ist im internationalen Vergleich (zumindest mit „Nicht-Steuerparadiesen“) eher selten und damit ein österreichisches Spezifikum. Das war aber vor rund 15 Jahren eine ganz bewusste Entscheidung des Gesetzgebers."
Univ.-Ass.DDr. Thomas Ratka, LL.M.

Das Interview
Teil 2: Die Bedeutung der Privatstiftung für die Wirtschaft


Onlineblatt:
Das Vermögen gehört dem Stifter nicht mehr – neben Steuerprivilegien, warum wählt man denn dann eine Privatstiftung?

Thomas Ratka:
Man kann durch Privatstiftungen z.B. vorsorgen, dass sein Vermögen nach dem Tod nicht geteilt wird. Wenn sie z.B. ein Unternehmen haben, das im Erbwege auf ihren Erben übergeht, können Sie nicht sicher sein, dass dieses Unternehmen zerschlagen oder veräußert wird. Der Erbe verjubelt sozusagen ihr Lebenswerk. Der Alptraum jedes Unternehmers. Bringen Sie das Unternehmen dagegen in eine Privatstiftung ein, der das Unternehmen bzw. die Gesellschaft fortan gehört, dann gehört ihnen das Unternehmen ja gar nicht mehr, sondern der Privatstiftung, die ihren Tod überdauert. Und so hat der Erbe gar nicht Zugriff auf Vermögen bzw. das Unternehmen – der Erbe erbt bestenfalls die Begünstigtenstellung. Zur Unternehmensführung Unfähige oder Unwillige können ganz legal „enterbt“ werden.

Onlineblatt:
Was heißt das für die Wirtschaft?

Thomas Ratka:
Eine Privatstiftung ist in der österreichischen Wirtschaft nichts Außergewöhnliches, im Gegenteil: Ich kann Ihnen ein paar Zahlen sagen: Von den 100 größten österreichischen Unternehmen derzeit sind fast an die 80 teilweise oder ganz in der Hand von Privatstiftungen. Das heißt, die größten Gesellschaften Österreichs werden von Privatstiftungen besessen. Der Eigentümer d. Unternehmen sind Privatstiftungen. Das bedeutet aber auch, dass an der Spitze von vielen österreichischen Unternehmen Privatstiftungen stehen.

Nicht nur in der Industrie werden Privatstiftungen eingesetzt: So werden sie auch im Kunstbereich genutzt. Gerade Museen und Kunstsammlungen haben oftmals eine Privatstiftung als Rechtsform gewählt. Ein konkretes Beispiel: Sie sind Kunstsammlerin. Und diese Kunstsammlung kann man im Museum sehen. Es ist eine berühmte Kollektion. Wenn Sie sterben, gehen sämtliche Kunstwerke letztlich auf ihre Erben über, sei es direkt, sei es, weil die Erben die Gesellschaft, die in ihrem Eigentum stand, auflösen. Und was machen die Erben? Sie verkaufen ihre Sammlung an die jeweils Meistbietenden weltweit. Das bringt ihren wenig kunstsinnigen Erben zwar Geld, zerstört aber ihr Lebenswerk. Wenn Sie sagen, gut, dann bin ich ohnehin tot: Auch die Allgemeinheit kann nicht mehr in das Museum, weil die Kunstwerke ja weg sind. Bringen sie die Kunstwerke aber in eine Privatstiftung ein, sind sie nicht nur vor den Erben, sondern auch ihren Privatgläubigern „sicher“. Und so hat die Privatstiftung gerade im Kunst- und Kulturbereich in Österreich eine große Bedeutung.

Privatstiftung wirklich nur Steuersparinstrument für „Superreiche“? -
Teil 3 des Interviews ab 5. September online.


Teil 1 des Interviews können Sie HIER nachlesen.

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