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WirtschaftsBlatt-Leitartikel: Europa zum Angreifen

Schengen und der Euro machen Europa aus

Wien (OTS) - In den Köpfen der meisten Europäer ist die EU nach wie vor nichts anderes als ein Projekt der Eliten, das sich vor allem auf sperrige Verträge stützt und Entsorgungsposten für im Inland nicht mehr benötigte Politiker bietet. Auch der zuletzt gestartete Versuch, der Europäischen Union in Form eines ständigen
Ratspräsidenten und einer Außenministerin zwei Gesichter zu verpassen, ist kläglich gescheitert.

Dass der eine Herman Van Rompuy heißt, ist einer kleinen Minderheit eventuell noch ein Begriff.
Dass Catherine Ashton als EU-Außenministerin fungiert, ist nicht mehr als Insiderwissen von EU-Technokraten. Beide sind farblos, weil Kompromiss-Besetzungen im Schacher um Brüsseler Top-Jobs.
Seit der Gründung der EU in den 50er-Jahren des vorigen Jahrhunderts gibt es nur zwei Projekte, die so gelungen sind, dass sie bei den Menschen ankommen: die Währungsunion und das Schengen-Abkommen für Reisefreiheit.
Es ist lediglich dem Euro zu verdanken, dass Länder wie Österreich die jüngste Wirtschaftskrise überstanden haben. Jede andere Konstellation hätte unser Land angesichts der nicht abschätzbaren Risiken in Osteuropa im Vorjahr weggesprengt.

Weit weniger ökonomisch relevant, aber umso spürbarer für Europas Bürger sind die offenen Grenzen. Für Millionen ist es mittlerweile selbstverständlich, den Süden ohne lästige Passkontrollen zu bereisen oder im Norden den Öresund zu queren. Insofern ist es nur schlüssig, Rumänien und Bulgarien im Frühjahr 2011 in den Schengen-Klub aufzunehmen. Je mehr Europäer die Vorteile der Integration spüren, desto besser lässt sich die notwendige EU-Bürokratie verkaufen. Bei den hunderten Ansiedlungen, die österreichische Unternehmen in den beiden Ländern haben, ist zudem jede Reiseerleichterung willkommen.

Programmiert ist freilich der reflexartige Aufschrei im Inland, wer künftig nicht aller nach Österreich streben wird - vom klassischen Einbrecher bis zum Billigarbeiter. Ängste in dem Zusammenhang muss die Politik ernst nehmen und bei der Gelegenheit auch gleich entkräften: Angesichts der geringen Arbeitskräftemobilität werden uns Bulgaren und Rumänen ebenso wenig überrennen wie Slowaken oder Ungarn.

Und Kriminelle kommen mit oder ohne Reisefreiheit. Letztlich bietet Schengen sogar ein Mehr an Sicherheit. Wer einmal unangenehm auffällt, landet in der sogenannten SIS-Datenbank und ist damit sofort in den künftig 24 EU-Ländern sowie den drei assoziierten Drittstaaten Island, Norwegen und der Schweiz zur Fahndung ausgeschrieben.


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LINK
"Bosnier und Albaner brauchen kein Visum mehr" (derStandard.at)
"EU-Visumpflicht für Albaner und Bosnier aufgehoben" (Die Presse)



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