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"Kuschelhormon" aus Insekten als möglicher Wirkstoff zur Unterdrückung von frühzeitigen Wehen einsetzbar
Wien (OTS) - Ein internationales Forscherteam unter Leitung der MedUni Wien konnte in einer aktuellen Studie in "Scientifc Reports" zeigen, dass ein aus Ameisen isoliertes, oxytozin-ähnliches Neuropeptid ("Inotozin") ein besonderes pharmakologisches Wirkungsspektrum für die menschlichen Hormonrezeptoren des Oxytozin (bekannt als "Kuschelhormon") und Vasopressin besitzt. Gleichzeit konnten die ForscherInnen zeigen, dass ein auf Inotozin basierender Wirkstoff als molekulares Werkzeug zum grundlegenden Verständnis biochemischer Signalprozesse des Oxytozin und Vasopressin dient, und möglicherweise zur Entwicklung von Arzneistoffen zum Beispiel zur Hemmung der frühzeitigen Wehentätigkeit einsetzbar sein könnte.
Die ForscherInnen aus Österreich (MedUni Wien, Universität
Wien, IST Austria), Australien, Dänemark, England sowie
Tschechien unter der Leitung von Christian Gruber vom Institut
für Pharmakologie der MedUni Wien konnten ein Ameisen-Neuropeptid
isolieren, welches dem menschlichen "Kuschelhormon"
Oxytozin bzw. dessen verwandten Vaspopressin sehr ähnlich
ist. "Durch den Einbau einer kleinen chemischen Änderung
dieses Insekten-Neuropeptids konnten wir überraschenderweise
einen sehr stabilen und vor allem hochselektiven Hemmstoff des
menschlichen Vasopressin V1a-Rezeptors entwickeln", erklärt
Christian Gruber vom Institut für Pharmakologie der MedUni
Wien. "Dieser Ligand wurde auf menschlichem Gebärmuttergewebe
getestet und konnte wirkungsvoll die Muskelkontraktion unterdrücken.
Es sind nun weitere Versuche notwendig um diesen Wirkstoff hinsichtlich
klinischer Anwendungen zu überprüfen."
Wider die Muskelkontraktion bei frühzeitigen Wehen
Vasopressin (auch antidiuretisches Hormon genannt) spielt insbesondere bei der Regulierung des Wasserhaushaltes in den Nieren eine wichtige Rolle, kann aber auch die Durchblutung der Gebärmutter und zusammen mit Oxytozin die Wehentätigkeit während des Geburtsvorgangs beeinflussen. Ein Hemmstoff für den menschlichen Vasopressin-V1a-Rezeptor könnte daher in der Klinik bei vorzeitigen Wehen verabreicht werden, um die unerwünschte, frühzeitige Gebärmutterkontraktion zu unterdrücken. Aber auch andere klinische Einsatzgebiete sind denkbar – zum Beispiel die Behandlung von Belastungssyndrom, Aggression, Depression oder Angstzuständen, sowie Herzinsuffizienz, Schlaganfall oder Regelbeschwerden, spielt doch der Vasopressin V1a-Rezeptor ebenso eine wichtige Rolle im Gehirn und im Herz-Kreislaufsystem.
Die jetzt veröffentlichte Studie ist Teil des hochdotierten
WWTF-Projekts LS13-017.
600 Millionen Jahre bestehendes Oxytozin-Vasopressin- Signalsystem
Um derartige Zusammenhänge in den Molekülen zu entschlüsseln
bzw. aufzudecken, benutzen die ForscherInnen eine einzigartige
Strategie für die Liganden-Entwicklung, welche die Vorteile
der evolutionären Gemeinsamkeiten des seit etwa 600 Millionen
Jahre bestehenden Oxytozin-Vasopressin-Signalsystems ausnützt.
Das führt auch zu neuen Einblicken und zur Identifizierung
wichtiger Bausteine der Rezeptoren, um künftig bessere
Wirkstoffkandidaten herstellen zu können. "Unser Konzept
ist neuartig und faszinierend zugleich: Man nehme ein Insekten-Neuropeptid
als Botenstoff, überspringt dann etwa 600 Millionen Jahre
der Evolution und dieser Stoff, mit einer kleinen chemischen
Änderung versehen, eignet sich potenziell als möglicher
Wirkstoff beim Menschen", erklärt Gruber. "Ebenso
wichtig ist es, diese neuartigen Moleküle als "Werkzeug"
für die Forschung bereitzustellen. Erst durch Entwicklung
von rezeptorsubtyp-selektiven Stoffen (Anm.: Liganden) ist es
möglich die biochemischen Grundlagen der jeweiligen Signalsysteme
zu erforschen", fügt Gruber hinzu.
Oxytozin-Vasopressin-Signalsystem im gesamten Tierreich?
Bei Insekten wiederum gab es - im Gegensatz zu anderen Tieren
– bisher noch wenige Informationen über die Biologie
dieses Neuropeptid-Signalystems. "Wir konnten nun aber
mit Hilfe modernster Analysen von genetischen Datensätzen
zeigen, dass es in vielen Insekten ein Oxytozin- bzw. Vasopressin-ähnliches
Signalsystem gibt, welches vermutlich im gesamten Tierreich
funktionell verwandt zu sein scheint", berichtet Gruber.
Ziel der ForscherInnen ist es, die Zusammensetzung und Pharmakologie
dieses Signalsystems generell aufzuklären.
Service: Scientific Reports "Development of a human vasopressin V1a-receptor antagonist from an evolutionary-related insect neuropeptide." Maria Giulia Di Giglio, Markus Muttenthaler, Kasper Harpsoe, Zita Liutkeviciute, Peter Keov, Thomas Eder, Thomas Rattei, Sarah Arrowsmith, Susan Wray, Ales Marek, Tomas Elbert, Paul F. Alewood, David E. Gloriam und Christian W. Gruber. Sci. Rep. 7, 41002; doi: 10.1038/srep41002 (2017). "Global map of oxytocin/vasopressin-like neuropeptide signalling in insects.” Zita Liutkeviciute, Johannes Koehbach, Thomas Eder, Esther Gil-Mansilla und Christian W. Gruber. Sci. Rep. 6, 39177; doi: 10.1038/srep39177 (2016).
05.02.2017
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Medizinische
Universität Wien
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